“Wir schaffen das” – Frau Merkel, was erwarten Sie von uns?
Unsere Mail mit Fragen an die Kanzlerin
Wir sind jetzt offiziell als Medienorgan beim Presse- und Informationsamt der Bundesregierung registriert! Damit können wir an aktuellen Terminen der Bundesregierung teilnehmen und unsere Fragen direkt an die Kanzlerin stellen. Das haben wir sofort getan. Hier unsere Mail an Frau Dr. Angela Merkel. Wir hoffen auf aussagekräftige Antworten. Sobald diese vorliegen, werden wir hier berichten. Wir haben die Fragen am 1. September 2017 geschickt …
Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,
auf Ihren Wahlplakaten werben Sie mit dem Slogan: „Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben“. Wir, Mitglieder der Rastatter Jugendzeitung „Ravolution“, leben gerne in Deutschland. Uns allen ist bewusst, dass wir privilegiert sind, in diesem Land leben zu können. Das heißt aber nicht, dass wir mit allem zufrieden sind, was in Deutschland tagtäglich passiert und entschieden wird.
Wir, die Redaktion von „Ravolution“, sind Jugendliche zwischen 16 und 20 Jahren, die wissbegierig sind und sich mit verschiedenen Personen, Themen und auch Missständen auseinandersetzen. Wir scheuen uns nicht davor, der Wahrheit ins Gesicht zu schauen und sie in ein helles Licht zu stellen. Wir wollen sowohl Gleichaltrige, aber auch Menschen in anderen Generationen erreichen.
Unsere ersten beiden Online-Ausgaben handelten von Integration und Zukunft. Die Bundestagswahl schließt nun am letzten Thema, der Zukunft, mit dem Schwerpunkt „Politik“ an. Die Bundestagswahl entscheidet maßgeblich über unsere Zukunft. Die meisten Mitglieder unserer Jugendzeitung sind Erstwähler, wie drei Millionen weitere Jugendliche in Deutschland.
„Das große Ganze beginnt mit einem Ohr für die kleinen Dinge“. Das steht auf einem Ihrer Wahlplakate. Seien Sie unser Ohr, das unsere Fragen anhört. Seien Sie unser Mund, der diese beantwortet. Unsere Generation hat viele Fragen an Ihre Generation. Ihre ist es, die mehrheitlich im Bundestag sitzt und tagtäglich über unsere Zukunft entscheidet. Da fragen wir uns, ob die Entscheidungen, die bis jetzt gefällt worden sind bzw. in den nächsten vier Jahren noch anstehen, auch wirklich die besten für unsere Zukunft sind. Wir haben Fragen zu 6 Themen zusammen gestellt, die unsere Zukunft bestimmen.
1. Bildung
Bildung ist für uns Jugendliche ein ganz wichtiges Thema. Eine gut funktionierende Gesellschaft ist nur möglich, wenn Chancengleichheit gerade bei der Bildung gegeben ist. Bereits Kindergärten sollten kostenfrei sein, gefolgt von den Grundschulen, über die weiterführenden Schulen bis hin zu Universitäten. Wir erleben zum Teil marode Schulen, viele Lehrstundenausfälle, veraltete Lehrpläne und nur selten moderne Lehrmittel. Finden Sie, dass genug für die Bildung in Deutschland getan wird, und wir im internationalen Vergleich gut aufgestellt sind? Gerade im Blick auf Industrie 4.0 und digitaler Wandel. Können sich Bund und Länder nicht endlich auf einen gemeinsamen Lehrplan einigen?
2. Politikverdrossenheit
Bildung sollte uns vor Politikverdrossenheit bewahren, deshalb sollte unserer Meinung nach die politische Mündigkeit eines jeden Bürgers in Deutschland zu den höchsten Zielen gehören. Das fängt zum Beispiel damit an, dass Politik wieder als Pflichtfach in der Schule eingeführt wird. Und zwar in jeder Schulform. Aktuelles Zeitgeschehen muss diskutiert werden! Gerade Sie sollten doch das Interesse haben, mit einem politisch mündigen Volk „arbeiten“ zu können. Politik muss aber auch verständlich sein. Was tun Sie, damit Infos, Bescheide, Formulare und Anordnungen nicht nur von Bürokraten und Juristen verstanden werden? Was geben Sie unserer Generation mit auf den Weg? Wie motivieren Sie uns zu Engagement und für mehr Interesse?
3. Renten
Warum wird die Rentenpolitik im Wahlkampf gar nicht erwähnt bzw. spielt nur eine Nebenrolle? Jedem ist bewusst, dass dieses fundamentale Teil unserer Sozialen Marktwirtschaft reformiert werden muss bzw. dass es so nicht weitergehen kann. Wer zahlt für uns in die Rentenkasse ein? Der demographische Wandel lässt vermuten, dass das Geld in den Kassen nicht ausreichen wird. Was ist Ihre Vision von einer lebenswerten Zukunft für die Zeit, wenn wir, die jetzt 18-jährigen, in Rente gehen?
4. Rassismus
Was wollen Sie und Ihre Partei gegen wachsenden Rassismus, Rechtspopulismus und Nationalismus in Deutschland tun? Wenn unsere demokratischen Grundwerte in Gefahr sind, ist es auch unsere Demokratie und Ihre Regierung. Wenn der Widerstand gegen bestimmte Menschengruppen aufgrund von Nationalität, Religionszugehörigkeit oder Hautfarbe gerichtet ist, dann ist ein friedliches Zusammenleben in Deutschland nicht mehr möglich. „Wir schaffen das“ war Ihre Parole. Damit das gelingt: Was erwarten Sie von den Mitarbeitern in Behörden auf Bundes-, Landes- und Kommunal-Ebene, von Ihren Politik-Kollegen, von uns Bürgerinnen und Bürgern und von den Flüchtlingen?
5. Umweltschutz
In unserer letzten Ausgabe ging es unter anderem um den Klimawandel. Glauben Sie selbst noch daran, dass Deutschland alle Atomkraftwerke bis 2022 abschalten kann? Wenn ja, was lässt Sie daran glauben? Und wie sieht es mit der E-Mobilität bei uns aus? Wir haben enttäuscht den Autogipfel verfolgt. Wirkliche Konzepte für unsere Zukunft sehen wir nicht. Sondern viel Lobbyarbeit und Lobbypolitik. Statt ernsthaft über Perspektiven in der Zukunft nachzudenken und zu verhandeln, wird viel Zeit und Energie in die Mautgebühren gesteckt. Sind Sie zufrieden, wie die Auto- und Energiekonzerne planen oder Ihr Verkehrsminister arbeitet? Was tun Sie selbst für den Umweltschutz? Als Privatperson und als Politikerin?
6. Weltpolitik
In den vergangenen Monaten haben Sie neue Partner in der Weltpolitik bekommen. So unterschiedlich Sie, Wladimir Putin, Donald Trump und Co. sein mögen, wie schaffen Sie es, mit solch schwierigen Charakteren umzugehen? Können Sie ihre Ziele für Deutschland und vor allem für die Europäische Union überhaupt noch durchsetzen, wenn Sie auf so viel Gegenwind stoßen? Können Sie noch ruhig schlafen? Und träumen Sie manchmal von Herrn Seehofer, Herrn Putin, Herrn Trump oder Herrn Orban? Und wie sehen Ihre Träume aus? Spielen Sie im Traum Monopoly gegen Herrn Trump und gewinnen Sie vielleicht sogar dabei?
7. Engagement
Vielleicht hat einer von uns vor, in die Politik einzusteigen, Einfluss auf das politische Geschehen in Deutschland zu nehmen, vielleicht sogar Bundeskanzler oder Bundeskanzlerin zu werden. Was braucht man, um Bundeskanzlerin zu werden bzw. zu bleiben? Was macht Ihrer Meinung nach einen guten Politiker bzw. eine gute Politikerin aus? Wie motivieren Sie sich selbst für mögliche vier weitere Jahre?
Schauen Sie doch mal auf die Homepage unserer Jugendzeitung RAVOLUTION, was wir zu sagen haben:
Wir freuen uns auf Ihre Antworten und danken Ihnen bereits jetzt. Könnten Sie uns bitte auch ein offizielles Foto von Ihnen zur Veröffentlichung zur Verfügung stellen?
Mit freundlichen Grüßen
Florie Bicaj
Im Namen der Redaktion RAVOLUTION
Rastatt, 1. September 2017
Baden-Württemberg
Foto vom Wahlplakat in Rastatt: Jens Lingenau, Agentur exakt