Wie bequem und langweilig
Kommentar zur innovativen Methode bei einer Podiumsdiskussion

Sind Facebook-Freunde richtige Freunde? Ersetzt ein Kuss-Smiley auf Whatsapp eine echte Berührung? Ist eine Konversation per Textnachrichten gleichwertig wie eine reale Konversation von Angesicht zu Angesicht?
Das kann ich klar verneinen! Beim Landesschülerkongress in Kornwestheim wurde eine innovative Methode bei der Podiumsdiskussion eingesetzt. Anstatt den Akteuren auf der Bühne durch Handzeichen eine Frage zu signalisieren, durfte das Publikum via Handy per Whatsapp oder SMS seine Fragen stellen. Diese Wortbeiträge wurden von einem Team hinter der Bühne gefiltert und von der Moderatorin in das Gespräch eingeflochten.
Das hat natürlich immense Vorteile. Es ist bequem. Vor allem für das Organisationsteam, das nicht für Mikrofone im Publikum sorgen muss. Bequem auch für die Experten, also die Antwortgeber, die sich nicht anstrengen müssen, die Frage eines möglicherweise undeutlich sprechenden Schülers zu verstehen. Aber auch bequem für das Publikum, weil jeder sein persönliches Anliegen ausformulieren und als Textnachricht senden kann.
Die Frage ist: Was ist diese Bequemlichkeit wert? Was eine Podiumsdiskussion so besonders und einmalig macht, ist die Persönlichkeit hinter den Fragenden. Das Lebendige, das nicht perfekt Ausformulierte eines Beitrags. Besonders wenn es ein Publikum voll engagierter Schüler ist, bei denen man davon ausgehen kann, dass durchaus sehr kontroverse Fragen gestellt werden.
Diese Individualität und direkte Kritik hat mir bei der Podiumsdiskussion beim Landesschülerkongress gefehlt. Die Selektion hat den Fragen geschadet. Die Teilnehmer mussten sich kaum gegenüber Kritik rechtfertigen. Die Fragen waren so allgemein gestellt, dass ihre Beantwortung ebenfalls allgemein ausfallen konnte.
Bei einer „traditionellen“ Podiumsdiskussion weiß weder Moderator noch Teilnehmer, welche Frage jemand aus dem Publikum beschäftigt, wie er sie formuliert und welche Kritik geäußert wird. Das hat eine spezielle Eigendynamik, die lebendig und unverfälscht ist. Nichts kann eine persönlich gestellte Frage ersetzen. Bei jeder Meldung wird ein Risiko seitens des Podiums eingegangen. Ein Risiko, welches den Charakter einer Podiumsdiskussion widerspiegelt.
Natürlich ist es bequemer und einfacher die Fragen auf ihren Konsens zu bringen, nicht nur für den Moderator, sondern auch für die Diskussionsteilnehmer. Doch hinter dieser Bequemlichkeit verbirgt sich eine Gefahr, die den persönlichen und kritischen Charakter einer Podiumsdiskussion verwässert. Nicht immer ist Technik wirklich ein Fortschritt.