Wenn die Kindheit auf der Flucht endet
Die Geschichte der Brüder Kabsoun
Sie haben es geschafft: Die Brüder Elias ( 17, auf dem Foto rechts) und Sezar (16) Kabsoun kommen aus Syrien. Seit einem Jahr leben sie mit ihren Eltern in Deutschland und ziehen jetzt von der Sammelunterkunft in Rastatt in eine eigene Wohnung. In Damaskus geboren und eine Autostunde nördlich davon sind sie in Saydnaya aufgewachsen. Kennengelernt habe ich die beiden in unserem Deutschkurs: https://ravolution.de/mit-herz-hirn-und-humor-sprachunterricht-fuer-fluechtlinge/. Sie erzählen mir von ihrem Leben in Syrien, von ihrer Flucht nach Deutschland und was sie sich für die Zukunft erhoffen.
Elias und Sezar haben schöne Erinnerungen an ihr Heimatland. „Ohne Krieg in Syrien, wären wir nie nach Deutschland gekommen“, sagt Sezar. Sie waren im Kindergarten, haben die Grundschule besucht und schließlich das Gymnasium. „Mittagschule gab es nicht in Syrien. Das war besser“, sagt Sezar lachend. Sonntags ist die Familie mit christlichem Glauben inmitten des vorwiegend muslimischen Landes immer zur Kirche gegangen. „Wir waren glücklich. Wir mussten nicht so viel lernen und hatten viel Freizeit“, sagt Elias. Sezar hat sogar eine eigene Fußball-Mannschaft gegründet. Sie haben Bälle gesammelt und Spiele organisiert. „Das Finale haben wir leider nicht gewonnen“, erzählt Sezar.
Ende 2015 änderte sich alles. Ihr Entschluss war gefällt. Sie würden fliehen. Von Damaskus ging es mit dem Auto nach Beirut, der libanesischen Hauptstadt. Am Abend saßen sie schon im Flugzeug nach Ankara. Da die Eltern gespart hatten, konnten sie Plätze auf einem Schiff nach Griechenland ergattern, das nicht mit Flüchtlingen überfüllt war. Von Athen ging es schließlich weiter über die Balkan-Route, bis sie die deutsche Grenze erreichten. In Bayern nahm man ihre Fingerabdrücke. Elias und Sezars Eltern entschieden sich, den Zug in die Schweiz zu nehmen. Dort lebt bereits seit dreißig Jahren ein Onkel. Nach sechs Monaten meldeten sich die Behörden. Es folgte die Ausweisung nach Deutschland und hier wurden sie der Erstaufnahme in Karlsruhe zugewiesen. Nach langem Hin und Her kamen sie in die Gemeinschaftsunterkunft auf dem ehemaligen Militärgelände „Merzeau“ in Rastatt.
„Die Freiheit beginnt, wo die Unwissenheit endet.“ Dieses deutsche Sprichwort fiel dem sehr gut Deutsch sprechenden Sezar ein, als es in unserem Unterricht um das Thema Sprichwörter ging. „Wenn Menschen nicht frei sein können, werden sie unglücklich“ sagt Sezar. „Meine Eltern hatten große Angst, dass ich zur Armee muss“, erzählt mir Elias. Es war nur eine Frage der Zeit, wann das Militär auf ihn aufmerksam geworden wäre. Das wollten seine Eltern nicht. Sie wollten ihren beiden Söhnen eine bessere Zukunft ohne Militäreinsatz, ohne Krieg und ohne Angriffe ermöglichen. Ein Leben ohne Angst, den eigenen Sohn beerdigen zu müssen.
„Mein Traum ist es, Zahnarzt zu werden“, sagt Elias. Diesen Wunsch hat Elias, seit er ein kleiner Junge ist. Sezar ist noch unentschlossen, welchen Beruf er erlernen soll. Beiden ist es aber wichtig, ihre Eltern stolz zu machen. „Ich wünsche mir, dass mein Vater wieder als Koch arbeiten kann“, sagt Sezar. Sie sind ihnen sehr dankbar, dass sie sich für die Flucht nach Deutschland entschieden haben. „Ohne meine Eltern wären wir nicht hier. Meine Eltern haben immer sehr viel im Restaurant gearbeitet und sie haben viel gespart“, erzählt mir Elias ganz stolz. Aber auch ihre Verwandten im Ausland hätten ihnen geholfen. „Wir sind aber auch Deutschland sehr dankbar“, nicken beide. „Wir können hier zur Schule gehen. Ich will mein Abitur machen und dann Zahnmedizin studieren“, sagt Elias. Vielleicht auch erst eine Ausbildung machen. Auf dem Weg zu seinem großen Ziel, einen Studienplatz zu bekommen und Zahnarzt zu werden. Elias ist das beste Beispiel dafür, dass alles möglich sein kann.