Sehr geehrter Herr Lesch!
Ein Brief als Nominierung zum Bundeskanzler
Die Bundestagswahl ist vorbei – und Sie standen leider nicht zur Wahl. Dabei hätten Sie meine Stimme bekommen. Für mich wären Sie der ideale Bundeskanzler! Warum? Bei allen Sondierungsgesprächen, dem Scheitern, dem Stillstand hoffe ich auf starke Veränderungen! Das wäre Ihre Zeit, Harald Lesch!
Was für ein Theater. CSU und Grüne kriegen sich noch vor dem Regieren in die Haare. Die Grünen verzichten auf eines ihrer größten Wahlkampfversprechen: das Ende des Verbrennungsmotors bis 2030. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt kommentiert das mit den Worten: „Wenn man Schwachsinns-Termine abräumt, dann ist das ja noch kein Kompromiss.“ Autsch. Das spricht ja mal für eine rosige Zukunft. Jürgen Trittin will sich das nicht gefallen lassen und schließt Neuwahlen nicht aus. Die FDP sprengt alles. Die SPD will gar nicht. Doch selbst wenn eine Regierung gebildet wird, werden wohl vier sehr schwierige Jahre auf uns zukommen. Bitte übernehmen Sie, Harald Lesch.
Doch warum gerade Sie? Kennengelernt habe ich Sie durch ihren Kanal „Terra X Lesch & Co“ auf YouTube. Eines Ihrer Videos handelt von unserem Schulsystem. Ihre Meinung formt den Titel: „Unser Schulsystem ist Mist!“ Und weiter: „Es kann doch nicht sein, dass wir auf der einen Seite immer älter werden, also mit anderen Worten immer länger leben, aber ausgerechnet die erste Phase des Lebens unserer Kinder und Jugendlichen dermaßen beschleunigen!“ An diesen Satz denke ich noch heute, über ein Jahr nach der Veröffentlichung des Videos.
Was in Ihrem Statement folgt, sind zehn Minuten der Erlösung. Meiner persönlichen Erlösung: Endlich fasst jemand in Worte, was ich zuvor nur als Gefühl, als Hirngespinst in meinem Kopf hatte. In diesem Video sprechen Sie fassungslos über ein Bewerbungsgespräch, in dem der Kandidat keine einfache Prozentrechnung ausrechnen kann „Wird in der Schule noch gebildet oder nur ausgebildet?“, fragen Sie sich – meiner Meinung nach zu Recht.
„Wollen wir, dass unsere Kinder wie in Südkorea oder China unterrichtet werden?“ Ganz sicher nicht! Aber es scheint doch ein unausgesprochenes Ziel von Verantwortlichen zu sein. Dafür spricht auch Ihr nächster Punkt: „Wer bringt denn mit Schule Begriffe wie Spaß und Vergnügen zusammen? Keiner!“ Natürlich ist das pauschalisiert. Jeder kann sich allerdings an dieser Stelle selber fragen, ob man Spaß mit Schule assoziiert. Ich persönlich muss gestehen, dass ich etwas mehr Glück habe, da ich keine staatliche Schule besuche. Allerdings habe ich viele Freunde von staatlichen Schulen, von denen ich sehr viel erfahre. Was Sie, Herr Lesch, benennen, ist all das, was ich von meinen Freunden höre. „Ein Tag ist nicht beliebig lang und man kann den Kindern nicht beliebig schnell irgendwelche Inhalte ins Hirn prügeln.“ Ihre Aussage trifft es auf den Punkt.
Ich glaube, dass sich jeder Schüler einen Lehrer mit ihrer Persönlichkeit und ihrer Einstellung wünscht. Oder dass alle Lehrer ihre Meinung teilen würden. Man kommt sich jedoch hilflos vor, wenn man etwas verändern möchte. Die Verantwortung wird immer abgegeben. Die Lehrer an das Ministerium. Das Ministerium an die politische Lage. Die Politiker mit dem Satz „Schule ist Ländersache“. Schön, dass Schule Ländersache ist, aber das bedeutet noch lange nicht, dass man nichts tun sollte! Somit haben Sie vielen aus der Seele gesprochen. Fast eine Millionen Menschen haben inzwischen ihr Video gesehen. Die Kommentare laufen nur so von Zustimmung über. Besonders gut kam dieser Satz an: „Die einen unterrichten Kinder und die anderen unterrichten Fächer“.
Seitdem freue ich mich jeden Mittwoch auf ein neues Video von Ihnen. Sie vermitteln Informationen, die interessieren, die meine Zukunft betreffen. Sie behandeln Themen wie alternative Brennstoffe, Politik, Psychologie, technischer Fortschritt, Astronomie usw. Am meisten begeistert mich, dass ich Ihnen immer zustimmen kann. Egal bei welchem Thema. Darüber hinaus zählen Sie nicht zu Menschen, die sagen: „Mir egal, was mit der Erde passiert, bis dahin leb ich sowieso nicht mehr.“ Sie erkennen die Probleme. Sie verschließen nicht die Augen. Und ich bin mir sicher, Sie könnten auch eine Menge bewegen.
Vielen Dank für Ihr Verständnis! An dieser Stelle würde ich in den USA nun den Hashtag #LeschforPresident verbreiten. Ich glaube zwar kaum, dass Sie eine Karriere im Bundestag anstreben. Aber vielleicht finden Sie doch noch eine Erleuchtung! Nehmen Sie sich ein Beispiel an Macron! Der hatte auch wenig politische Erfahrungen und gründete einfach eine Bewegung, woraufhin er Präsident wurde. Oder Trump … okay, vielleicht belassen wir es bei Macron … Es wäre aber ein Versuch wert! Mein Motto und hoffentlich auch bald ihr Motto: #LeschforBundeskanzler!
Foto: Laurin Langeheine googelt Prof. Lesch, fotografiert von Jens Lingenau