Liebe Gesellschaft!
Ein Brief über Zweifel an unserer Gemeinschaft
Ich kann dich nicht verstehen: Um von dir akzeptiert zu werden, muss man Einiges leisten. Man muss besonders hübsch und schlank sein, besonders viele Follower und Freunde haben, besonders teure Marken tragen, besonders angesagte Musik hören, besonders reich sein … Man muss besonders gleich sein. Das ist paradox. Du bist paradox. Du verlangst mir so viel ab und gibst…? Sicherheit? Ein gutes Gefühl, weil ich beliebt bin? Oder mein Bild auf Instagram mehr als 1000 Likes hat? Nein. Du machst mir Angst. Angst, meinen „Status“ zu verlieren, sobald ich einen Fauxpas begehe. Aber alleine schon die Tatsache, dass ich einen höheren Stellenwert durch die Erfüllung von Lappalien erreiche, ist lächerlich!
Ich fordere die Akzeptanz derer, die nicht nach deiner Pfeife tanzen wollen oder können. Warum kann es nicht normal sein, dass jeder individuell ist? Warum kann nicht jeder so aussehen, wie er es mag, und kaufen, was er schön findet? Ich möchte mich lieber durch meinen Intellekt und meinen Charakter definieren, als durch den Preis meiner Schuhe! Ich möchte, dass das Mobbing in der Grundschule aufhört, nur weil man mit 8 Jahren noch kein iPhone hat!
Ich gebe zu, auch ich habe Momente, in denen ich Menschen nach ihrem Äußeren beurteile. Doch wie könnte ich anders handeln, wenn mir dieses Verhalten ständig vorgelebt wird? Wenn ich schief angeguckt werde, wenn mein Outfit nicht „on point“ ist und meine Haare nicht „on fleek“ sind. Ich möchte mich nicht mehr deswegen schlecht fühlen und schämen und abwertende Blicke ertragen müssen.
Ja, ich bin wütend. Wütend auf mich selbst, weil ich mich von solchen Kleinigkeiten irritieren lasse. Wütend, weil es jedem von uns sicherlich auch schon mal so ergangen ist. Wütend, weil Kindern die Zeit genommen wird, in der sie unbeschwert spielen und sich in den Dreck schmeißen können. Und ich habe Angst, dass meine Kinder so etwas gar nicht mehr erleben werden. Denn, wohin soll dein Verhalten führen, liebe Gesellschaft?
Mit fragenden Grüßen
Paula