Leitkultur der Gastgeber
Kommentar: Integration ist nicht Anpassung
Wir schreiben über Integration in Deutschland, konkret hier in Rastatt. Aber was meinen Menschen mit „Integration“? Manchmal klingt es wie „Integration = Anpassung“. Klar, wir, die hier geboren sind, bestimmen das Leben in unserem Land. „Wenn Sie Gastgeber sind“, erzählte mir mal ein Rastatter Politiker, „dann können Sie auch sagen, was gegessen wird und ob man die Schuhe in der Wohnung anbehalten darf.“ Also geht es um Gäste? So wie bei den „Gastarbeitern“? Integration besagt in der Definition des Dudens:
- [Wieder]herstellung einer Einheit [aus Differenziertem]; Vervollständigung
- Einbeziehung, Eingliederung in ein größeres Ganzes
- Verbindung einer Vielheit von einzelnen Personen oder Gruppen zu einer gesellschaftlichen und kulturellen Einheit.
Das würde doch bedeuten, dass die Gäste irgendwann bei uns einziehen statt immer nur mal auf einen Sprung vorbei zu kommen. Für viele keine schöne Vorstellung. Das macht die Integration so schwierig! Doch wer definiert, wie Integration ablaufen könnte, vielleicht sogar muss? Gelingt Integration durch Sprachtests und Einbürgerung, durch eine einzige Staatsbürgerschaft, also nur die deutsche? Wir werden noch lange diskutieren, so wie den aktuellen Beitrag des Innenministers Thomas de Maizière (CDU) zur Leitkultur der Deutschen. Diskutieren oder gar streiten? Kann es überhaupt eine einheitliche Leitkultur für uns geben? Habe ich eine bayerische Seele oder eine ostdeutsche? Manchmal kommen mir meine Landsleute ganz fremd vor. In Sprache, Mentalität, Bräuchen.
Eine Leitkultur ist eine Empfehlung. Mehr nicht. Anders unsere Gesetze im Grundgesetz oder im Bürgerlichen Gesetzbuch. Und besonders wichtig: Leitkultur gilt – wenn schon – für alle, die hier leben. Auszug aus Thomas de Maizières 10-Punkte-Rede: „Wir sind aufgeklärte Patrioten. Ein aufgeklärter Patriot liebt sein Land und hasst nicht andere. Auch wir Deutschen können es sein.“ Das sollten sich alle Hetzer und Rechtspopulisten genau so merken: „…hasst nicht andere“. Diskutieren wir also weiter. Weil Diskutieren immer Geben und Nehmen sein sollte. Wir können gegenseitig lernen. Auch von unseren Gästen, die hoffentlich zu Mitbürgern werden. Wenn wir aufeinander zugehen und uns nicht in unserer Kultur abgrenzen.