… Lehrern: Bitte keine Bots und Apps!

Lehrer. Jeder, zur Schule gegangen ist, hatte welche. Es gibt sie in jung und alt, motiviert und desinteressiert, beliebt und verhasst. Besonders letztere haben es nicht leicht: Die Jugend von heute soll ja immer schlimmer werden. Da hat doch niemand mehr Lust, noch Lehramt zu studieren. Doch zum aktuellen Notstand in den Lehrkörpern führen nicht die abschreckenden Jugendlichen, sondern zwingt die Blindheit der verantwortlichen Bundesländer.
Es wurden falsche Prognosen gestellt und weder an Pensionierungswellen, noch an mögliche Zuwanderung gedacht. Jetzt werden überall Lehrer gesucht, es gibt dafür sogar eigene Jobbörsen. Mehr Lehrer auszubilden und einzustellen, ist die einfachste Lösung für das Problem. Aber muss wirklich ein Mensch die Verantwortung der Bildung unserer Kinder tragen?
Machen wir eine Reise in eine Zukunft ohne Lehrer. Den Beruf gibt es nicht mehr, weil sich keiner mehr dafür interessiert und das Internet alles an Informationen bietet. Wenn es keine Lehrer mehr gibt, sind auch die Bildungseinrichtungen überflüssig. Ohne Schulen gibt es keine Klassen mehr. Jedes Kind lernt also alleine von Zuhause aus. Das geschieht wahrscheinlich über Apps und Online-Kurse, die vom Bildungsministerium gestaltet werden, und die in einem bestimmten Zeitraum ein bestimmtes Lernpensum abverlangen.
Das bedeutet, dass Schüler keinen persönlichen Kontakt mehr zu anderen, also fremden Kindern haben. Sie eignen sich kein soziales Verhalten an und spielen und reden nicht auf dem Pausenhof. Auch die Bewegung fehlt, durch die Abwesenheit von Sportunterricht und Schulweg. Wir würden sozial und körperlich verkümmern. Das wirkt sich auch negativ auf die Psyche aus.
Wenn Apps das zukünftige Mittel der Stoffvermittlung sind, dann lernt jedes Kind nur einen ungeprägten Einheitsbrei. Laut dem Pädagogen und Professor für Erziehungswissenschaften, John Hattie, haben Lehrer einen großen und besonderen Einfluss darauf, wie und welche Informationen Schüler abbekommen. Es käme auf die Qualität des Unterrichts an. Dazu zählten unter anderem eine hohe Komplexität, eine große Vielfalt und Lehrerengagement.
Sprich: Ein Unterricht mit einem Lehrer, der auf die Schüler und ihre Stärken eingeht, bringt den Unterrichtsstoff am besten an den Mann, besser gesagt an die Kinder. Das Gegenteil davon ist das unbetreute Lernen mittels Apps und Programmen. Durch sie kommen die persönlichen Talente und Vorlieben der Individuen zu kurz, sie werden gleichgeschaltet und können sich nicht entwickeln.
Lehrer haben nicht nur den Auftrag, den Schülern die Informationen des Lehrplans nahezulegen und auf Klausuren und Prüfungen vorzubereiten. Laut Bildungsauftrag des Landes Baden-Württemberg, sollen sie auch die „Wahrnehmung von Verantwortung, Rechten und Pflichten in Staat und Gesellschaft sowie in der ihn umgebenden Gemeinschaft“, sowie die „Anerkennung der Wert- und Ordnungsvorstellungen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ und die „Wahrnehmung ihrer verfassungsmäßigen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten vorzubereiten und die dazu notwendige Urteils- und Entscheidungsfähigkeit“ den Schülern beibringen. Ein Video kann das nicht.
Das Verständnis von Moral bildet sich jeder Mensch selbst und legt für sich eigene Werte fest. Lehrer sind auch Erzieher und helfen dabei in alltäglichen Situationen. Besonders in den Grundschulklassen ist das wichtig. Je jünger die Schüler sind, desto prägnanter ist, wie Situationen vorgelebt werden und Probleme gelöst. Lehrer müssen im Geschichtsunterricht erklären, was im Dritten Reich geschah, wie es dazu kommen konnte und warum das nicht mehr passieren darf. Einem Kind kann das am besten durch das Vorleben durch Eltern und Lehrer beigebracht werden und nicht durch ein Display.
Natürlich haben Apps auch ihre Vorteile, doch diese sind meist profitorientiert und nicht pädagogisch. Lehrer tragen eine große Verantwortung und prägen Kinder auch für das spätere Leben. Sie haben den Auftrag, Werte und Informationen zu vermitteln. Wer Lehrer für bestimmte Aussagen an den Pranger stellen möchte und den Nationalsozialismus aus den Lehrplänen streicht, verunglimpft alle, die währenddessen getötet wurden und fördert das Revival der rechten Szene.
Liebe Eltern, geht mit Lehrern nicht so hart ins Gericht: Kinder sind nicht einfach.
Liebe Länder und Ministerien, denkt in Zukunft bitte voraus und achtet nicht nur auf den Profit. Lehrer sind essentiell wichtig für die Entwicklung der Gesellschaft.
Liebe Lehrer, seid lebendig, persönlich und einfühlsam. Wir brauchen eure Führung und kein Abspulen von Lehrplänen. Dafür würden Bots und Apps reichen. Überlebt die Technologisierung und damit euren Lehrauftrag!
Liebe Schüler, fragt euch, was ihr wollt: Unterricht und Lernen sind so gut, wie wir alle dazu beitragen.
Übrigens: Ich fange bald mein Studium für Lehramt an!