Ist ein berühmter Name auch eine Verantwortung?
Zazou, Nachfahrin von Roosevelt, über Yolanda, Enkelin von Martin Luther King
„I have a dream!“, das sind die berühmten Worte des schwarzen Bürgerrechtlers Martin Luther King, der vor 50 Jahren in den USA erschossen worden ist. „I have a dream, that enough is enough. And this should be a gun-free world, period“, waren auch die Worte der 9-Jährigen Yolanda Renee King, Enkelin von Martin Luther King. Sie kämpfte am 24. März 2018 beim „March for our lives“ in Washington für schärfere Waffengesetze.
Die Demonstration war im Gedenken an die 17 Schüler, die beim Parkland-Massaker durch einen 19-Jährigen Schüler mit einer legal erworbenen Waffe erschossen worden sind. Die jungen Menschen, darunter viele Überlebende, machen sich gegen die Waffen-Lobby stark. Laut US-Verfassung steht jedem Amerikaner das Recht auf Selbstverteidigung zu, demnach das Recht auf Waffenbesitz. In diesem Jahr gab es bereits 18 sogenannte „School-shootings“, bei denen immer wieder Schüler und Lehrer getötet bzw. verletzt wurden.
Die National Rifle Association (NRA) Organisation ist eine der größten Waffenlobby-Vereinigungen in den USA. US-Präsident Donald Trump wie auch andere Politiker sind Befürworter der NRA, da die Waffenlobby gezielt Spendengelder in Politiker einsetzt, um ihre politischen Ziele zu verwirklichen. Um gegen die NRA zu wirken, wurde die Protestbewegung ‚March for our lives‘ von Überlebenden Parklands ins Leben gerufen.
„Wenn Ihr Geld von der NRA nehmt, habt Ihr Euch zugunsten des Todes entschieden“, warf Alex Wind, Parkland-Überlebender, den Politikern an den Kopf. „Sie sagen, ein guter Mensch mit einer Waffe hält einen bösen Menschen mit einer Waffe auf. Wir sagen: Bullshit“, erklärte Emma Gonzales, Hauptvetreterin der Protestbewegung, bei einem Interview. Auch die junge Yolanda Renee King äußerte ihren Wunsch, angelehnt an den Traum ihres Großvaters. Bürgerrechtler Martin Luther King hatte 1963 beim „Marsch auf Washington für Arbeit und Freiheit“ gesagt: „Ich habe einen Traum, dass meine vier kleinen Kinder eines Tages in einer Nation leben werden, in der man sie nicht nach ihrer Hautfarbe, sondern nach ihrem Charakter beurteilt.“ Damals hatten 250.000 Menschen teilgenommen.
55 Jahre nach dieser berühmten Rede und 50 Jahre, nachdem Martin Luther King erschossen worden ist, spricht auch seine 9-jährige Enkelin Yolanda Renee Kings von ihrem ganz persönlichen Traum: „I have a dream“ – dass es auf der Welt keine Waffen mehr gibt. Die Menge mit über 800.000 Demonstranten jubelt ihr zu. Entgegen allen anderen Sprechern, die beim Marsch Wut oder Trauer verbreiten, plädiert Yolanda für Hoffnung. Ganz im Zeichen und Sinne ihres berühmten Vorfahren. Sie erinnert die Amerikaner an ihren Großvater und seinen Traum, und inwieweit dieser in Erfüllung gegangen ist. Mit Parolen wie „Spread the world“ oder „We are going to be great generation“ teilt Yolanda ihre Zuversicht der breiten Menge mit.
Mag sein, dass Yolanda naiv ist mit ihrem Optimismus. Allerdings bewegt sie die Amerikaner und ruft sie auf, etwas zu verändern. Sie ist ein Vorbild für Amerika und für die ganze Welt. Während Donald Trump an diesem Protesttag Golf spielte, trat sie für ihr persönliches Recht auf Freiheit und Sicherheit ein.
Ich, Zazou, bin auch die Nachfahrin eines berühmten Amerikaners: des US-Präsidenten Theodore Roosevelt (Amtszeit von 1901 bis 1909). Meine Vorfahren kommen wie Roosevelts Familie aus den Niederlanden. Deine Mutter heißt „van Rosevelt“. (Über meine Familiengeschichte habe ich in der 4. Ausgabe von RAVOLUTION zum Thema Beziehungen geschrieben: https://www.ravolution.de/wenn-herkunft-die-identitaet-praegt/).
Ich frage mich: Sollten wir Nachfahren von bedeutenden Persönlichkeiten uns dazu verpflichtet fühlen, für Menschenrechte einzustehen, so wie Yolanda Renee King es tut? Sollten sich die Nachfahren von Mahatma Ghandi auch für die Unabhängigkeit von Ländern einsetzen? In welcher Verpflichtung stehen wir Nachfahren, selbst Vorbilder zu sein bzw. zu werden? Durch einen bekannten Nachnamen ist es leichter, sich Gehör zu verschaffen. Ohne ihren Bezug zu Martin Luther King wäre Yolanda nur ein neunjähriges Mädchen. Haben wir, die nächsten Generationen berühmter Menschen, also eine größere Chance, gehört zu werden? Würde gar mir eine breitere Menge zuhören, durch meinen Bezug zu der Roosevelt-Familie? Bin ich dazu verpflichtet, als Nachfahrin Roosevelts, mich für etwas einzusetzen, wie Yolanda für die Sicherheit Amerikas kämpft? Ich denke über diese Fragen nach.