„Für Vielfalt – gegen Einfalt“
Öffentliches Einstehen für die eigene Sexualität: Eindrücke vom CSD in München
Christopher Street Day (CSD) – 15.07.17 in München: Menschen jedes Alters stehen offen zu ihrer Sexualität. Schwule, Lesben, Transsexuelle, Bisexuelle gehen auf die Straße, ziehen wie auf einer Parade durch die Stadt und tanzen auf ihren Wägen, schwenken Fahnen und Schilder. Überall sind bunte Farben zu sehen, der Regenbogen scheint auf jedem Wagen und jedem Shirt vertreten zu sein. Vereine repräsentieren sich – von bunten Schwulen-Lesben-Clubs bis zu In-schwarzem-Latex-Gekleideten. Flyer und Aufkleber werden verteilt, es wird viel getanzt. Zwei Männer, gekleidet als Braut und Bräutigam laufen zwischen den Wägen, Schilder mit „Keine Gewissensentscheidung“ werden durch die Straßen getragen. Eine, als Trump verkleidete Person, läuft in der Menge, zwei Männer mit Hundemasken, Halsband und Latexanzug knien am Rand und machen Bilder. Männliche Paare laufen Hand in Hand. Genauso wie weibliche Paare.
Stark geschminkte Männer tragen Kleider und lange blonde Perücken. Minimal Bekleidete laufen in der Menge. Jede und jeder darf das sein, was er oder sie ist, wie er oder sie sein möchte. Am Rand des Umzugs stehen Spaziergänger, Besucher, Schaulustige. Ich stehe auch dort. Ich bin nicht homosexuell, ich bin heute zufällig in München und beobachte diesen Umzug, die Musik, die bunten Fahnen, das Treiben. Mich macht das glücklich. Mich macht es glücklich, dass alle Menschen das Recht und den Mut haben, für sich auf die Straße zu gehen, ohne Angst vor Jobverlust, gesellschaftliche Ächtung und Verachtung.
Es ist eine friedliche Parade und Demonstration. Immer wieder gibt es Wägen und Schilder mit Bezug auf die “Homo-Ehe”. „Für Vielfalt – gegen Einfalt“ steht groß auf einem Wagen, „gegen Rechts“, „für gleiche Rechte“, „Ehe für Alle“. Vielfalt ist ein guter Begriff zur Beschreibung des Umzugs. Verschiedene Parteien sind auf eigenen Wägen vertreten, auch eigene Vereine für Schwule und Lesben, zum Beispiel der Schwulen-und Lesbenschwimmverein von München. Und Autohersteller sponsern regenbogenfarbige Autos.
Es freut mich, dass alle Menschen öffentlich zu ihrer Sexualität stehen und ihre Meinung und ihre Forderungen friedlich zeigen können. Mit Musik, Verkleidungen und Buntheit auf dieses Thema aufmerksam machen. Das ist ein gutes Beispiel für friedliche politische Aktivität. Lesben, Schwule und Transsexuelle stehen für sich und ihre Rechte auf, fordern noch mehr Gleichberechtigung und zeigen, wie unterschiedlich und vielfältig wir Menschen sind. Noch vor 15 Jahren hätten viele Angst haben müssen, ihren Job zu verlieren oder verurteilt zu werden. Ich bin glücklich, in einer solchen Gesellschaft leben zu können. Ich bin glücklich, dass wir diese Freiheiten, Rechte und auch das Selbstbewusstsein haben und hoffe, dass die gesellschaftliche und auch politische Akzeptanz weiter wächst, so dass irgendwann nicht mehr nur von Gleichberechtigung, sondern auch von Gleichheit gesprochen werden kann.