“Exoten” bei der Bundestagswahl
Ein Blick auf die kleinen Parteien: Rechts- und Linksextreme, Satiriker oder auch Hip-Hoper
Der Wahlzettel zur Bundestagswahl ist lang. Deutschland bietet ein breit gefächertes Spektrum an Parteien. Da gibt es einerseits die üblichen Verdächtigen, auch „Etablierte“ genannt, also die Parteien, die entweder im Bundestag oder in einem Landtag Sitze belegen bzw. schon längere Zeit existieren. „Nicht-Etablierte“ hingegen sind nirgends vertreten, einige von ihnen sind sehr junge Parteien, die an der 5-Prozent-Hürde scheitern. Mit einer Vielfalt von Angeboten und teils skurrilem Wahlprogramm haben die sogenannten Kleinparteien wenige Wähler und fallen in der Auszählung oder Prognose zusammengefasst unter „Sonstige“. Ihr Einfluss ist gering bis gar nicht vorhanden. Trotzdem versuchen diese Parteien sich, zum Beispiel mit Wahlwerbespots auf YouTube, dem Wähler schmackhaft zu machen. Schauen wir doch mal, wen es da so gibt – ohne Anspruch auf Vollständigkeit!
Da wären mehrere links ausgerichtete Parteien. Eine lange Tradition hat die Deutsche Kommunistische Partei (DKP), die es seit 1968 gibt. Linksextreme wie die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD), die gegen die “skrupellose Diktatur von Regierung”, welche Strafverfolgung und Kritik unterdrücke, angehe, so der Wahlwerbespot. Die MLPD versteht sich als eine Arbeiterpartei gegen den Kapitalismus, für Arbeitsplätze und die Umwelt, die sich – aktuell zum VW-Skandal – dem VW-Konzern widersetzen möchte. Oder die 2017 gegründete Demokratie in Bewegung (DIB), bei der Basisdemokratie mit Petitionen ernst genommen werden wollen.
In die entgegengesetzte Richtung geht Die Rechte. Eine Partei, so rassistisch und nationalistisch, dass die AfD einpacken könnte. Im Werbespot wird behauptet, dass Integration das Volk zerstören würde und Homosexualität unnatürlich sei. Die Partei sieht sich selbst für Sicherheit und Ordnung, Heimatschutz sowie die Bewahrung der Identität und den Nationalismus einstehen. Die Gerade Partei (DGB) will “raus aus dem Euro” und die Flüchtlingsaufnahme für fünf Jahre stoppen. Klingt ein bisschen wie AfD. Über die NPD wollen wir lieber nicht schreiben.
Dann gibt es Kleinparteien. die für besondere Ziele einstehen und zugegebenermaßen skurrile Parteinamen haben:
Magdeburger Gartenpartei.
Menschliche Welt – Für das Wohl und Glücklichsein aller.
Transhumane Partei Deutschlands.
V-Partei³ – Partei für Veränderung, Vegetarier und Veganer.
Auch exotisch: die Urbane – eine Hip-Hop-Partei, die gegen Massentierhaltung und für Multikulti wirbt. Dann gibt es noch die Schüler des Emsland-Gymnasiums in Rheine, die sich von keiner Partei vertreten fühlen und deshalb in diesem Jahr die Jugend- und Entwicklungspartei Deutschlands (JED) gegründet haben. U.a. fordern sie das neunstufige Gymnasium und eine große Rentenreform. Aus dem Nonsens entstand die PARTEI für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative mit dem Parteivorsitzenden Martin Sonneborn, dem früheren Chefredakteur des Satiremagazins Titanic. Er sitzt sogar für die PARTEI im Europaparlament. Der Poetry-Slammer und Comedian Nico Slemsrot ruft im Wahlwerbespot dazu auf, als Nichtwähler die Partei zu wählen. Überzeugendes Argument? Den Nichtwähler interessiert es nicht, wer im Bundestag sitzt und die Partei „die PARTEI“ interessiert es nicht, ob sie im Bundestag sitzt.
Im Endeffekt ist es immer das Gleiche: eine Kleinpartei hat oft verschrobene oder nur regional betreffende Forderungen sowie Ideen. Mit Druck auf die Tränendrüse versuchen sie den Wähler von sich zu überzeugen und wollen eine Renaissance der DDR oder des Deutschen Reichs. Die Kleinparteien sind sich ihrer Sache sicher: Mit schlecht durchdacht wirkenden und lückenhaften Wahlprogrammen wollen sie die 5-Prozent-Hürde meistern und Deutschland verändern. Doch die wirklich wichtigen Themen wie Bildung, Umweltpolitik, Innovationstechnik etc. werden wenig bis überhaupt nicht behandelt. Essentielle Grundlagen und Planungen fehlen komplett, stattdessen stehen lächerliche Videos und innerparteiliche Unvereinbarkeiten auf dem Programm. Verschwörungstheoretiker und buddhistische Weltverbesserer ergänzen die Parteilandschaft auf eigensinnige Art und Weise und wollen ein neues bzw. altes Deutschland.
Vielleicht aber liegen sie richtig? Und es ist Zeit, das System zumindest ein wenig umzukrempeln? Warum sonst gibt es so viele Kleinparteien, die komplett von dem aktuellen Zustand abweichen wollen? Wie dem auch sei, eine Kleinpartei mit einer Chance, bei der Bundestagswahl 2017, ihre Ziele zu erreichen, gibt es meines Erachtens nicht. Die Gründe dafür sind innerparteiliche Unstimmigkeiten, zu wenige Wähler, lächerliches Auftreten und natürlich die größeren Chancen bei den bekannteren Etablierten.