Braucht man überhaupt noch so viele eigene Autos?
Interview mit Roman Zitzelsberger zum Thema E-Mobilität
RAVOLUTION: Sie sagten in einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung am 30. Juli: “Selbst wenn wir morgen alle elektroangetriebene Autos fahren würden, wäre beim CO2-Ausstoß nichts gewonnen. Die Batterieherstellung ist so energieintensiv, dass wir dann deutlich höhere CO2-Emissionen hätten.”
Machen Sie es sich da nicht zu einfach? Schließlich werden Batterien nur weiter entwickelt, wenn die Produkte auch auf den Markt sollen.
Roman Zitzelsberger: Ich mache es mir überhaupt nicht zu leicht – ganz im Gegenteil. Es reicht aber nicht zu sagen, wir brauchen elektrische Autos, weil die besser sind. Wir brauchen eine grundsätzliche Wende bei der Mobilität und diese muss einhergehen mit einer Energiewende. Nur wenn uns die Mobilitäts- und die Energiewende gelingt, kriegen wir das, was alle wollen – von der sauberen Innenstadt bis zur Reduktion von CO2-Ausstoß und damit der Eingrenzung des Klimawandels. Man muss das Thema breit anschauen – von der Produktion über die Laufleistung bis zum Abwracken eines Fahrzeugs. Die weiteren Überlegungen müssen lauten: Braucht man überhaupt noch so viele eigene Autos? Kann man die nicht teilen? Wie kann man individuelle Mobilität mit öffentlicher Mobilität verbinden? Nur dann können wir beides haben: Jederzeit von A nach B kommen und gleichzeitig die Umwelt möglichst wenig belasten.
RAVOLUTION: Wenn Sie sich jetzt einen Neuwagen kaufen würden, würden Sie sich einen Diesel oder ein E-Auto kaufen?
Roman Zitzelsberger: Das ist eine witzige Frage, denn die habe ich gerade letzte Woche beantwortet. Ich habe den Vorteil, dass ich einen Dienstwagen habe, weil ich überwiegend geschäftlich fahre. Wir haben uns entschieden, dass wir beides kaufen. Wir haben einen ganz neuen Diesel gekauft und eine voll elektrische B-Klasse.
RAVOLUTION: Und wenn Sie sich für eines entscheiden müssten?
Roman Zitzelsberger: Dann würde ich mich vermutlich für den Diesel entscheiden. Im Verhältnis dazu, was das Fahrzeug kann, ist ein Verbrennungsmotor momentan deutlich günstiger und deutlich besser – auch in der Öko-Bilanz. Deshalb müssen jetzt bessere Elektrofahrzeuge auf den Markt kommen und in den nächsten Jahren wird da auch viel passieren. Allerdings haben wir momentan noch zu wenige Ladesäulen und es ist extrem wichtig, dass die Infrastruktur aufgebaut wird. Wenn wir erst neue Atomkraftwerke oder Kohlekraftwerke bauen müssten, um die Autos zu laden, hätten wir für die Umwelt nichts gewonnen.
RAVOLUTION: Sie sagen, wir brauchen eine Mobilitätswende: Car Sharing, vielleicht mehr Schienenverkehr – was passiert mit den Autounternehmen? Diese sind schließlich maßgeblich davon abhängig, ob jemand Autos kauft.
Roman Zitzelsberger: Wir brauchen einen Dreiklang: Gute, stabile Unternehmen, die wettbewerbsfähige Produkte herstellen. Ökologische Produkte, die möglichst wenig die Umwelt belasten. Und gute und sichere Arbeitsplätze. Das sind die drei Ziele der IG Metall. Die Leute fragen mich oft: Wieso erzählst du als IG Metaller etwas von shared mobility? Da braucht man doch nicht mehr so viele Autos. Aber das Gegenteil ist der Fall. Der Fahrzeugverbrauch wird vermutlich ähnlich groß sein. Heute steht ein Auto im Schnitt 23 Stunden am Tag. Wenn ein Fahrzeug von vielen Leuten genutzt wird, ist es viel öfter unterwegs. Es verschleißt schneller, und ich brauche früher ein Neues. Was übrigens noch einen riesigen Vorteil hat: Man kann immer die neueste Technologie zum Einsatz bringen. Dadurch wird der Umschlag der Fahrzeuge wesentlich höher. Das heißt, ich kann schneller umweltfreundliche Technologie auf die Straße bringen.