Von einer Krise in die nächste
Kommentar zur Lage und den Ängsten und Fragen von Jugendlichen
Was wird dieser jungen Generation nicht alles vorgeworfen: Sie hänge zu viel am Handy, sei nicht bereit zu arbeiten, schwänze die Schule freitags und überhaupt … Dabei müssen junge Menschen ganz besonders resilient sein. Sie durchleben eine Krise nach der anderen: Corona mit Kita- und Schulschließungen, Ukraine-Krieg, desolate Schulhäuser, ausfallende Schulstunden, Energiesparappelle, KI-Revolutionen schaffen Berufe ohne Zukunft, Inflation und dann auch noch die Wehrpflichtdebatte mit Losverfahren. Eine tolle Kindheit und Jugend.
Ich erlebe junge Menschen, die ratlos sind und Zukunftsangst haben. Ihre Themen rutschen in der politischen Prioritätenliste immer weiter nach hinten. Gerade der Klimaschutz, der öffentlich fast keine Rolle mehr spielt. Als ob man ihn abgeschafft hätte. Dabei bekommen interessierte junge Menschen sehr wohl mit, was sich unwiderruflich auf unserer Erde ändert, wenn nicht dringend etwas geschieht. Was sie ohne ihr Zutun, ohne eine eigene Entscheidungsgewalt ausbaden müssen. Manche reagieren mit Ironie – das liest sich auch in einigen Artikeln hier. Ein Zeichen von kritischer Distanz, aber auch von zunehmender Resignation.
Wir Älteren sind in vielem keine guten Vorbilder. Auch wenn wir das bestreiten. Klar, wir haben allgemein den Wohlstand gemehrt. Doch davon hat nicht jeder etwas. Ich erlebe Kinder, deren Eltern von Bürgergeld (noch so genannt) leben. Jugendliche, deren Erziehungsberechtigte vor lauter Jobs keine Zeit für sie haben. SchülerInnen, die ohne Frühstück zur Schule gehen, weil das morgens keine Rolle spielt. Familien, in denen es keine gemeinsame Phasen für Essen und Gespräche gibt. Väter und Mütter, die nicht wissen, wie die digitale Mediennutzung ihrer Kinder aussieht – und die selbst viel Zeit vor ihren Geräten verbringen.
Bei einem Thema wird die Schräglage „Alt regiert – Jung verliert“ besonders deutlich: beim Thema Wehrdienst, früher auch Kriegsdienst genannt. Klare Aussagen von Jugendlichen: Wir wurden nicht geboren, um in einem Krieg zu sterben! Wir haben aus der Vergangenheit gelernt! Aus dem, was uns in der Schule erzählt worden ist über die Gräuel des I. und II. Weltkriegs. Da waren Jüngere immer Kanonenfutter. Sinnloses Töten, zum Schluss nur eine Zahl in der Statistik der Kriegsopfer. Und ihr Älteren an der Macht, Ihr Entscheidungsträger, habt ihr nichts gelernt?
Ungefiltert gelangen schreckliche Bilder von der Ukraine, aus Gaza, Afghanistan auf TikTok, Instagram, Telegram und YouTube. Wer redet mit jungen Menschen darüber, ordnet das ein und gibt ihnen Schutz und Halt? Und da sollen Jugendliche voller Enthusiasmus zur Bundeswehr gehen? Wenn Politiker von der Vorbereitung auf den Ernstfall sprechen…
Aus den vielen Fragen, die ich höre, hier die Auswahl:
Warum sind bei der Wehrpflicht nur Menschen ab Jahrgang 2008 betroffen? Die heute 40- oder 50-Jährigen, die in Politik und Wirtschaft die Entscheidungen treffen, müssen sich nicht mustern lassen. Ihre Lebensplanung wird nicht unterbrochen!
Wird im Russlandkrieg in der Ukraine wirklich alles für eine friedliche Lösung getan? Und junge Menschen bekommen mit: Es gibt immer noch Unternehmen, die mit Russland Geschäfte machen und so den Krieg finanzieren. Oder Staaten in der EU, die weiterhin Öl, Gas, Kohle und Stahl aus Russland beziehen, um es für die eigene Wirtschaft billiger zu machen. Die klare Ansage potenzieller Wehrpflichtiger: Und dafür sollen wir unser Leben einsetzen? NEIN!
Wir sollten dringend miteinander reden. Und uns ehrlich machen, was uns wichtig ist im Leben – generationenübergreifend.





