Ich habe einen schlimmen Verdacht
Liebesbrief Nr. 14: Von kippenden Bäumen, PFC, Stromausfall und vielen Emotionen
Liebste Demokratie,
du bist immer da – wie das Wasser aus dem Hahn und der Strom aus der Steckdose. Wie die Luft zum Atmen und wie der Boden, der fest und stabil ist. Du bist für mich gewohnt und selbstverständlich. Ich denke an dich erst, wenn irgendwas schief geht. Wie beim Stromausfall, PFC im Wasser, bei Überflutungen oder beim Orkan. Dann erschrecke ich. Ich schimpfe. Rege mich über deine Unzuverlässigkeit auf und bin böse auf dich.
Ist alles vorbei, denke ich nicht mehr an dich. Bis zum nächsten Störfall. Doch davon gibt es immer mehr. Und ich vergesse: Dass du nicht schuld bist. Ich müsste mehr für dich tun. Wie beim morschen Baum, der umkippt, weil er nicht genug Wasser bekommen hat. Oder wie beim Wasser, wenn wir selbst für Verschmutzung sorgen. Alles hat eine Wirkung, und die lösen wir Menschen selbst aus.
Früher haben Menschen Regentänze gemacht; Tieropfer gebracht; Hexen verbrannt und bei Blitz und Donner gedacht, die Welt geht unter. Heute müssten wir es besser wissen. Oder haben wir es verlernt, 1 und 1 zusammenzuzählen? Ursache und Wirkung zu erkennen?
Ich habe einen schlimmen Verdacht: Wir emotionalisieren uns zu schnell. Sofort sind wir auf 180 – ohne die Fakten zu überprüfen und ohne nachzudenken. Bestimmte Kanäle von Social Media fördern das und tun nicht gut. Dann heißt es, wir haben das hohe Gut der Demokratie: die Presse- und Meinungsfreiheit. Richtig, aber auch da gibt es Regeln und Grundsätze. Keine Fake news und keine Beleidigungen zu verbreiten, gehören dazu.
Liebe Demokratie, ich wünsche mir für dich und für uns alle, dass wir mehr Fragen stellen: Woher kommt die Nachricht? Wer steckt dahinter (die Quelle)? Ist das glaubhaft oder möchte jemand schlechte Stimmung verbreiten? Was kann ich für unsere Demokratie, unsere Gesellschaft und viele positive Anregungen tun?
Herzlich grüßt
dein Teil von dir: eine Bürgerin, die Demokratin und Gutmensch ist