Zukunft auf Knopfdruck
Die Vierte industrielle Revolution: Wo stehe ich als angehender Physik-Student?

Futuristen träumen von einer „arbeitfreien“ Gesellschaft, in der Maschinen und Computer fast alle Aufgaben übernehmen. Eine Utopie. Doch tatsächlich werden in der Zukunft immer weniger menschliche Arbeitskräfte benötigt.
In der Ersten industriellen Revolution wurde physische Arbeit von Menschen durch mechanische Arbeit von Maschinen ersetzt. Dies geschah vor nicht einmal 300 Jahren! Von Arbeitsteilung und elektrischer Energie beziehungsweise der Einführung der IT und der zunehmenden Automatisierung gekennzeichnet, führten auch die Zweite und Dritte industrielle Revolution zu einer Neugestaltung menschlicher Arbeit und Existenz. Immer weniger Arbeitskräfte werden für die Produktion von Gütern benötigt, immer mehr Menschen leisten geistige Arbeit. Ohne diese Veränderungen wäre unser modernes Leben samt Freizeit, Luxus und Technik nicht möglich.
Der Bereich der gedanklichen Arbeit galt lange als eine Domäne für vernunftbegabte Träger eines menschlichen Gehirns. Doch nun scheinen auch hier rapide raffinierter werdende Systeme auf dem Vormarsch. Über viele Lippen fließt bereits der Begriff der anstehenden und längst angefangenen „Vierten industriellen Revolution“. Manche Stimmen postulieren die größte Veränderung der Menschheitsgeschichte. Werkzeuge, die sich selbst verbessern, weiterentwickeln, eigenständig neue Werkzeuge konstruieren. Die künstliche Intelligenz (KI) als revolutionäre und revolutionierende Technologie.
Eine Oxford-Studie aus dem Jahre 2014 prognostiziert eine Gefährdung von 47 % der Arbeitsplätze in den USA bis 2030 durch Automatisierung und Digitalisierung. Erschreckende Zahlen! Für Deutschland kamen ähnliche Ergebnisse zu Tage. Selbst widersprechende Studien gehen noch von hohen Werten für Deutschland aus. Wird der Mensch in der Arbeit der Zukunft überhaupt gebraucht?
Ja, kreative und soziale Jobs sollen für Computer auch in Zukunft eine Hürde bleiben. Hochqualifizierte und Führungskräfte sind ebenfalls schwerer zu ersetzen. Sehr gefährdet sind Jobs, die geregelte oder wiederholende Vorgänge aufweisen. Auf der Hompage der Süddeutschen Zeitung kann man eine Einschätzung für verschiedene Berufe sehen, die grob angeben soll, ob diese durch einen Computer ersetzt werden. Ein einfacher Test zeigt geschätzte Perspektiven auf: http://gfx.sueddeutsche.de/pages/automatisierung/
Ich als angehender Physik-Student wäre demnach auf der sicheren Seite. Ein einfacher Büroangestellter wird wohl mit 97 % Wahrscheinlichkeit in einigen Jahren schlechtere Karten haben. Doch auch etwas Erfreuliches für den normalen Steuerzahler: Der Studie nach sind Finanzbeamte ebenfalls angeschmiert. Bei 93 % der prognostizieren Ersetzbarkeit durch einen Computer kann man etwas Genugtuung empfinden.
Bill Gates befeuert in diesem Sinne bereits Forderungen nach einer Abgabe auf durch automatisierte Vorgänge erwirtschaftete Beträge – eine „Robosteuer“. Andere präferieren die Besteuerung von jeglicher Wertschöpfung. Der Grund: Ohne diese neue Abgabe könnten die Sozialsysteme kollabieren. Bis jetzt befinden wir uns aber immer noch in einem internationalen Unterbietungswettkampf bei der Reichen- und Unternehmenssteuer, eine Besteuerung von Kapitalgeschäften mal außen vor gelassen. So fallen zum Einen Steuerzahler weg und zum Anderen werden durch den demografischen Wandel immer mehr Sozialleistungen benötigt.
Der Traum der Optimisten ist eine Gesellschaft, in der die Menschen frei entscheiden können, was sie tun und niemand mehr zu monotonen Fabrik- oder Bürojobs gezwungen ist. Im Silicon Valley ist ein bedingungsloses Grundeinkommen zum offenen Gesprächsthema herangewachsen. Finnland testet gerade ein solches Konzept in abgespeckter Form. Die deutsche Bundesarbeitsministerin Nahles hat eine andere Vorstellung. Mehr Wohlstand mit Maschinen erwirtschaftet, weniger Arbeitszeit, mehr Freizeit, Fortbildung und Flexibilität. In einem Punkt sind sich alle einig: Der Arbeitsmarkt wird sich erneut stark wandeln. Bis dato geschah dies immer im Vorteil der Menschen und auch Massenarbeitslosigkeit blieb öfter Drohung als Realität. Das Problem ist die Geschwindigkeit beim aktuellen Vorgang.
Ob uns diese Entwicklung Gutes oder Schlechtes bringt, lässt sich im Endeffekt nicht genau berechnen. Wir sollten dennoch versuchen, sie aktiv mitzugestalten und im Blick zu behalten, denn sie lässt sich beeinflussen. Politisch aktiv werden und klug konsumieren, wäre hier die Devise! Dies gilt gerade für das einfache Volk, denn die Schere zwischen Arm und Reich kann sich weiter öffnen und letztendlich ist es ihr Rücken, auf dem die Reichen thronen!
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